Weingut Max Müller I: Gewinner der Goldenen Rebschere 2021
2011 Silvaner EIGENART
Weingut Max Müller I
www.max-mueller.de
Max Müller I: Souveräner Silvaner
Blogger Matthias Neske nimmt mit auf eine Reise zu den fränkischen Gewinnern des Internationalen Preis des Silvaner Forums
Holzfassausbau und Spontangärung
„Puh, das Schlimmste ist schonmal vorbei“, seufzt Christian Müller erleichtert, als wir wieder in die hauseigene Vinothek gehen. Was das Schlimmste gewesen ist? „Das Fotografieren natürlich, das finde ich immer ganz unangenehm“, sagt er. Offenbar gibt es Menschen, die sich in einer Selfie-Tik-Tok-Welt weniger wohlfühlen als im Weinkeller. Denn von dort kam Christian Müller vorher gerade, ein bisschen verspätet, „weil es jetzt nach der Ernte plötzlich so kalt geworden ist. Die Moste gären bei dieser Kälte nicht so richtig, da möchte man am liebsten ständig dabei sein.“ Kein Zweifel, hier geht es um echte Wein-Leidenschaft.
Dieselbe Leidenschaft besaß Christian Müller auch schon vor zehn Jahren. Sein 2011er Silvaner Eigenart ist nämlich einer der Sieger beim Internationalen Preis des Silvaner.Forums e.V. Und zwar in der Kategorie Souverän.
Warum eigentlich Max Müller I?
Ich befürchte, nicht der erste zu sein, der diese Frage stellt. Wissen möchte ich es dennoch: Warum heißt das renommierte Volkacher Weingut eigentlich Max Müller I? Gibt es denn auch einen Max Müller II? „Heute nicht mehr. Vor vier Generationen allerdings schon.“ Weil der hiesige Müller Max bereits damals primär für Weinbau bekannt gewesen sei, der andere jedoch eher als Gemischtbetrieb, einigte man sich auf diese Rangfolge. Heute heißt das ehemalige Weingut Max Müller II übrigens Karl Müller, denn kaum einer möchte auf ewig der zweite Max sein. Ihr eigenes Weingut hätte das I am Max allerdings beibehalten, einfach aus Gründen der Wiedererkennung.
Ebenfalls gleich geblieben ist die Lage des Weinguts im Herzen der Altstadt von Volkach. Dem Hof gegenüber parkt ein Gummiwagen, und ich kann mir vorstellen, dass das Herumrangieren mit landwirtschaftlichem Gerät in dieser zugegeben romantischen Umgebung schon eine Herausforderung sein kann.
Knappe 20 ha bewirtschaften die Müllers derzeit, den größten Anteil davon im Volkacher Ratsherrn, einer ausgedehnten Lage, die sich nördlich des Ortes am Main entlangzieht. Dazu kommen Parzellen in Sommerach, die Christians Mutter Moni mit in die Ehe brachte, sowie zwei Filetstücke im Escherndorfer Lump.
Silvaner Eigenart 2011 - der Siegerwein
Ich frage Christian Müller, ob er sich an den Werdegang des Siegerweins erinnern kann. Obgleich das schon zehn Jahre her ist, besitzen Winzer ja oft ein verblüffend gutes Gedächtnis, was den Charakter der einzelnen Jahrgänge anbelangt. Und tatsächlich erinnert er sich daran, dass es im Frühjahr 2011 einen schlimmen Frost gegeben hatte. „Danach lief der Jahrgang eigentlich recht gut, aber die Ertragsverluste blieben natürlich.“ Und was ist so eigenartig am Eigenart? „Heute vielleicht weniger als früher“, antwortet Christian Müller, „aber zu Anfang fanden ihn die Leute wirklich eigenartig.“ 2008, er war gerade wieder zurück von seiner Ausbildung in Rheinhessen, wollte er nämlich ein paar der dort gelernten Methoden daheim ausprobieren. „Ich hatte bei Wagner-Stempel und Wittmann gelernt und gesehen, dass der Ausbau im Holzfass dort eine wichtige Rolle spielte.“ Anders als seinerzeit in Franken.
„Das war gerade die Phase, als Edelstahl in unserer Region die absolute Pflicht war“, erläutert Müller. „Das Holzfass galt als altbacken, weshalb sich auch kaum jemand neue Fässer angeschafft hat.“ Zwar genoss der Silvaner als Rebsorte bereits einen guten Ruf in Franken, ganz anders als in Rheinhessen. „Aber ehrlich gesagt waren die meisten Weine hier ziemlich langweilig. Sehr technisch, alles Reinzuchthefe, neutral ausgebaut, immer auf dieselbe Art gemacht.“ Da habe er sich gedacht, warum nicht mal eine kleine Revolution anzetteln? Also besorgte er zum ersten Mal nach Jahrzehnten wieder ein neues Holzfass, ein 600 Liter Halbstück. „Ich wollte beweisen, dass Silvaner, wenn die Qualität der Trauben da ist, auch mit Neuholz umgehen kann. Dass das Holz nicht den Wein frisst.“
Und heute? Heute stammt der Eigenart immer noch zu 100% aus Holzfassausbau, auch die Spontangärung ist gleich geblieben. Aber der Anteil des neuen Holzes sei deutlich zurückgegangen. „Außerdem ist er heute trockener, phenolischer durch die längere Maischestandzeit, auch langlebiger. Früher wollte ich ihn immer hochreif und kraftvoll haben, unabhängig vom Jahrgang. Heute versuche ich besser zu balancieren. Wir werden halt alle älter und weiser...“ Sagt er und grinst dabei.
Keller und Terroir
Um einen langlebigen Silvaner herzustellen, der zudem das Holz harmonisch einbindet, braucht man zweifellos bestes Lesegut. Der Eigenart war deshalb von Anfang an eine Cuvée aus den besten Parzellen, die das Weingut in Lump und Ratsherr besitzt. Der wie in einem Brennglas geformte Prallhang des Escherndorfer Lump führt dabei zu höheren Temperaturen als der freier liegende Volkacher Ratsherr. Aus diesem Grund steckt in kühlen Jahren mehr Lump als Ratsherr im Silvaner Eigenart, in warmen Jahren ist es hingegen umgekehrt.
Je nach Erntemenge werden pro Jahrgang etwa 3.000 Flaschen Eigenart abgefüllt. Ein paar davon legt sich Christian Müller immer beiseite - logisch, sonst hätten wir nicht den 2011er prämieren können. Dennoch gibt es nicht allzu viele davon in der Schatzkammer. Ungefähr 95% ihrer Weine, selbst die besseren, würden innerhalb der ersten beiden Jahre nach dem Verkauf getrunken, schätzt der Winzer. Dabei besitzen die Silvaner des Hauses doch dieses großartiges Reifepotenzial! „Ja, ich finde es persönlich auch sehr schade, dass die allermeisten Weine nicht ihren Entwicklungshöhepunkt erleben“, meint Christian Müller. „Aber was sollen wir tun? Verhindern können wir das nicht wirklich. Uns fehlt hier schlichtweg der Platz, um die Weine länger einzulagern und erst später auf den Markt zu bringen.“
Alter gleich Schönheit
So endet mein Ausflug nach Volkach mit einer einfachen Rechnung. Wenn man sich zwei Kisten vom Eigenart kaufen und jedes Jahr eine Flasche davon trinken würde, käme man gegen Ende der zweiten Kiste in einen ähnlichen Genuss wie bei dem 2011er. Dann würde der Wein ein Stadium erreicht haben, bei dem einem spontan die Begriffe Harmonie und Wohlklang einfallen.
Matthias Neske
Dr. Matthias Neske ist Weinjournalist und Blogger. Im Auftrag der Winzer der Silvaner Heimat Franken hat er die fränkischen Sieger-Weingüter des Internationalen Preis des Silvaner Forums 2021 besucht.
Unter www.chezmatze.de berichtet er über seine große Leidenschaft Wein in all seinen Facetten.
Mehr über den Internationalen Preis des Silvaner Forums erfahren Sie auf www.silvaner-forum.de